Die Studie liefert eine Reihe wertvoller Erkenntnisse zur
Wahrnehmung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland und der Bedeutung
öffentlich-rechtlicher Medien für dessen Stärkung.
Zunächst zeigen die Ergebnisse, dass die Deutschen die
aktuelle gesellschaftliche Lage mehrheitlich eher kritisch einschätzen. Zugleich
berichten aber auch deutliche Mehrheiten der Bevölkerung von starkem
Zusammenhaltserleben im eigenen persönlichen Umfeld und von breiten
persönlichen Unterstützungsnetzwerken. Wie lässt sich diese Diskrepanz
erklären? Unzufriedenheit und Gefährdungswahrnehmung haben ihre Quelle bei
vielen Befragten offensichtlich außerhalb des eigenen persönlichen Umfelds; gut
denkbar, dass sich zumindest zum Teil hier auch die Krisen- und Polarisierungserzählungen
auswirken, die seit einigen Jahren die öffentliche Debatte prägen.
Öffentlich-rechtliche Medien sind weiterhin eine wesentliche
Infrastruktur des gesellschaftlichen Zusammenhalts. ARD, ZDF und
Deutschlandradio erreichen nach wie vor nahezu alle Menschen im Land, und zwei
Drittel der Deutschen sind Stammpublikum zumindest eines öffentlich-rechtlichen
Angebots in TV, Radio oder Audio- und Mediatheken. Zwar fokussiert die
öffentliche Debatte oft auf die nachrichtlichen und informierenden Leistungen,
und für viele Menschen liegt hier auch eine Stärke der öffentlich-rechtlichen
Medien. Doch für beträchtliche Teile des Publikums ist gerade der Genremix bedeutsam,
mit anderen Worten: gerade die vielfältige Mischung aus Information und
unterhaltenden Angeboten trägt zur Bindung der Menschen an
öffentlich-rechtliche Medien bei. Bei Verzicht auf unterhaltende Angebote
könnten öffentlich-rechtliche Medien weite Teile ihres Publikums nicht mehr
erreichen und ihre integrierende Aufgabe nicht mehr in dem gleichen Maße wahrnehmen.
Auch und gerade Menschen, die eher schwächer eingebunden sind bzw. die den
gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährdet sehen, könnten dann schlechter
erreicht werden.
Unter den Menschen, die gesellschaftlich stärker eingebunden
sind – in Hinblick auf das eigene Zugehörigkeitsgefühl genauso wie eigene
politische Aktivität – gehört ein größerer Anteil zum Stammpublikum
öffentlich-rechtlicher Medien als unter den eher schwächer Eingebundenen.
Daraus lässt sich nicht der direkte Schluss ziehen, die Nutzung
öffentlich-rechtlicher Medien führe zu stärkerem Eingebundensein oder
Engagement. Aber es ist zumindest der Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen
verschiedenen Varianten der öffentlichen Anbindung, also der verschiedenen
Arten und Weisen, wie Menschen sich zueinander und der Gesellschaft zugehörig
fühlen. Medien generell und öffentlich-rechtliche Medien im Speziellen sind
hier der wesentliche Vermittler zwischen dem Einzelnen und der Welt jenseits
des alltäglich erfahrenen Umfelds.
Die Studie macht deutlich, dass Menschen in Deutschland den Beitrag
öffentlich-rechtlicher Medien zum gesellschaftlichen Zusammenhalt im Vergleich
verschiedener Institutionen hoch einschätzen. Sie haben auch hohe Erwartungen
an die zusammenhaltsrelevanten Leistungen von ARD, ZDF und Deutschlandradio, also
an die Synchronisierung geteilten Wissens und Erlebens, die Repräsentation
gesellschaftlicher Vielfalt sowie die Förderung von Dialog und Verständigung. Die
Einschätzung, dass öffentlich-rechtliche Medien entsprechende Leistungen auch
erbringen, sind, wie bei solchen Vergleichen üblich, etwas schwächer ausgeprägt
als die Erwartungen. Dennoch nehmen in vielen Bereichen deutlich mehr als die
Hälfte der Menschen in Deutschland diese Leistungen als erfüllt wahr und auch
die Summe der wahrgenommenen, unterschiedlichen Leistungsmerkmale ist
bemerkenswert.
Dabei ist wenig überraschend, dass die Leistungswahrnehmung
bei eher „öffentlich-rechtlich-fernem“ Publikum streckenweise deutlich niedriger
ausfällt als beim Stammpublikum. Bemerkenswert erscheint, dass Jugendliche und
junge Erwachsene, ebenso wie das Stammpublikum öffentlich-rechtlicher Audio-
und Mediatheken viele Leistungen der öffentlich-rechtlichen Medien besser bewerten
als es die Gesamtbevölkerung tut. Möglicherweise wirkt sich hier die Breite der
Angebote, der vielfältige Genremix sowie die zeitunabhängige Nutzung von
Inhalten aus, die digital verfügbar sind.
Die Menschen in Deutschland nehmen die
zusammenhaltsbezogenen Leistungen von ARD, ZDF und Deutschlandradio insbesondere
in Hinblick auf die Synchronisierung geteilter Kenntnisse, Wissen und
Erfahrungen sowie die Repräsentation unterschiedlicher Perspektiven und
Lebensweisen wahr. Bei dialogbezogenen Leistungen fallen die Ergebnisse tendenziell
etwas niedriger aus, was auf ein wichtiges Handlungsfeld hinweist:
Öffentlich-rechtliche Medien könnten sich noch stärker als Infrastruktur
gesellschaftlicher Verständigungsprozesse verstehen – also Menschen mit
unterschiedlichen Sichtweisen miteinander ins Gespräch bringen und so
gesellschaftliche Gräben zu überwinden helfen. Dies schließt auch mit ein,
selbst ansprechbar und dialogbereit für das eigene Publikum zu sein. Bestehende
Angebote könnten stärker bekannt gemacht und gegebenenfalls auch ausgebaut
werden. In diesem Zuge lohnt es sich auch, das junge Publikum besonders in den
Blick zu nehmen. Dessen Mediennutzung ist deutlich stärker von digitalen
Angeboten geprägt, die – wie einleitend beschrieben – den Wandel gesellschaftlicher
Öffentlichkeit vorantreiben. Für die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien
und des gesellschaftlichen Zusammenhalts wird es unverzichtbar sein, die
heutigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen an gesellschaftlichen
Verständigungsprozessen zu beteiligen. Dass sie den Beitrag
öffentlich-rechtlicher Medien für den gesellschaftlichen Zusammenhalt positiv
beurteilen, stellt eine gute Grundlage dar.